Veröffentlicht am 31 Juli, 2022 von Franziska Kral

Innere Anteile: Der Ablenker

Wie oft im Verlaufe des Tages schaltest du das Radio an, obwohl du die Nachrichten bereits mehrmals gehört hast?

Wie oft schaust du in deine WhatsApp/ Telegram Nachrichten hinein, obwohl du bereits alle durchgesehen hast?

Wie oft isst du, obwohl du längst keinen Hunger mehr hast?

Heutzutage sind wir einer immer größer werdenden Informationsflut ausgesetzt, sobald dann ein leerer Raum in unserem Alltag entsteht, versuchen wir unseren Stimulationspegel aufrecht zu erhalten. 

Wie kommt das?

Aus der innersystemischen Perspektive betrachtet, haben diese Ablenkungen wichtige Funktionen. Innerhalb der systemischen Arbeit mit Persönlichkeitsanteilen, wird dieser innere Anteil der Ablenker genannt. Es gibt Zeiten, in denen wir uns ruhelos fühlen, obwohl die äußeren Lebensumstände gerade keine Aufmerksamkeit von uns verlangen. Wir wollen ein Gefühl von Freiheit spüren und die inneren Manager, die uns ständig auf Trab halten - ruhig stellen. Wir hegen den Wunsch, das ständige Geplapper in unserem Kopf auszuschalten und unseren besorgten Persönlichkeitsanteilen auszuweichen. 

Auch der innere - kritische Perfektionist oder jene Anteile, die alles planen und uns nie zur Ruhe kommen lassen - wollen wir in diesen Momenten der Ablenkung keinerlei Aufmerksamkeit mehr schenken. Oft füllen wir unbewusst den leeren Raum in uns mit Grübeleien, mit gewohnheitsmäßigen Gedanken über die Arbeit/ Partnerschaft, Familie und Freunde oder mit dem ein oder anderen Ärgernis und Problem. Dieser innere Grübler spielt uns vergangene Situationen wieder und wieder vor, erinnert uns allzu gerne an all den damit verbundenen Schmerz oder die Angst und lässt uns hoffen, es würde dieses Mal besser enden. 

Diese inneren Grübler, oder auch "Wiederkäuer" genannt - aktivieren üblicherweise den ablenkenden Persönlichkeitsanteil in uns. Da diese gewohnheitsmäßigen Grübeleien unser System blockieren können, ermöglichen die ablenkenden Anteile in uns die Möglichkeit - die Grübler aus unserem inneren Wohnzimmer zu vertreiben und sie auf die Ersatzbank zu versetzen. Sie helfen uns vermeintlich dabei, zu "entspannen". Sie können verglichen werden mit einem Bildschirmschoner für die Psyche, ursprünglich wurden Bildschirmschoner für den Computer entwickelt, um Beschädigungen daran zu verhindern. Wenn beispielsweise eine Seite zu lange geöffnet wurde, kann sich deren Muster auf dem Bildschirm einbrennen.

Wenn du deinen inneren Ablenker zu dir sprechen lassen würdest, würde er dir vielleicht mitteilen - dass er die ständigen, gleichen & alten Filme in deinem Kopf mit diesen belanglosen, aber auch manchmal unterhaltsamen Mustern unterbrechen lassen möchte, indem er den Fernseher in deinem Wohnzimmer anschaltet. Um auf das Beispiel des Bildschirmschoners eines Computers zurückzukommen, bedeutet es in dem Sinne - die Maus zu bewegen (eine Aktivität in unserer äußeren Umgebung erfordert unsere Aufmerksamkeit) und der Bildschirmschoner (der alte Film, die Grübelei) verschwindet. 

Die Funktion des inneren Ablenkers besteht also darin, dass sie uns die Erlaubnis erteilt, das Programm in dem wir mal wieder verstrickt sind - umzuschalten. So werden wir für den Augenblick die Grübeleien los, die so viel Raum in unserem System einnehmen. Nimmt dann allerdings der innere Ablenker zu viel Raum ein, können wir dadurch den Zugang zu unseren anderen Anteilen verlieren und wichtige Entwicklungsschritte werden verhindert.

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