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Veröffentlicht am 3 Oktober, 2022 von Franziska Kral

Entstehung von Bindungstrauma

 "Für das Dilemma in unserer Kindheit haben wir eine Notlösung gefunden, die wir oft unser ganzes Leben lang aufrechterhalten. Die Notlösung ist heute die eigentliche Ursache des Leidens" (Gopal Norbert Klein)


 "Ohne Liebe kein Leben" (Hans Joachim Maaz)

Um Liebe zu erfahren, wenden Menschen häufig die skurrilsten Strategien an - oder auch um ihr zu entfliehen und sie zu bekämpfen. Wir tragen eine Ambivalenz in uns, die der Liebe bedürftig ist und ihr dennoch keinen Raum geben mag, aufgrund all der Ängste die in unserem dunklen Unbewussten schlummern. Wer sich im "bewussten" & wachen Verstand eine Beziehung mit Tiefe, Verständnis und Liebe erhofft, wird jedoch in der Realität häufig enttäuscht, da das Unbewusste in uns regiert und den Takt vorgibt. Man führt kurzzeitige Affären, herausfordernde Beziehungen mit ewig anhaltenden Konflikten oder flüchtet sich in das Single Dasein. Wer innerhalb seiner Kindheit wenig Liebe und sichere, sowie stabile Bindung erfahren hat - fürchtet sie auch im weiteren Leben wie die Pest. 

Diese Furcht wird entweder bewusst wahrgenommen und man bedient sich verschiedener Fluchtmechanismen um Beziehungen zu entgehen, oder sie wirken unbewusst und wir ziehen nur jene Menschen in unser Leben, mit denen eine Beziehung unmöglich erscheint. Um nicht an die eigene (meist) tragische Geschichte von Bedrohung, Ablehnung, Verlassenheit und Ohnmacht erinnert zu werden - müssen wir verleugnen und verdrängen, um vermeintlich unser Überleben zu sichern. 

Bindungstrauma entsteht genau dort, wo dauerhaft destruktive Beziehungsmuster innerhalb der Familie weitergegeben werden. Wenn Eltern selbst wenig beziehungsfähig sind und aufgrund ihrer eigenen unverarbeiteten Traumatisierungen auf das Kind einwirken, hinterlässt dies oft lebenslange Wunden. Da die wenigsten Menschen echten Kontakt zu anderen aushalten, müssen sie letztendlich auch in irgendeiner Form Distanz zu ihren Kindern bewahren. Diese Distanz kann subtil über verschiedene Manipulationsstrategien stattfinden bis hin zu offen gelebter physischer und psychischer Gewalt.

Das Dilemma des Kindes besteht darin, in jeder Form absolut abhängig von seinen Bezugspersonen zu sein und das eigene Überleben nur mithilfe intakter Beziehung gesichert werden kann. Kinder können ihren Koffer nicht einfach packen und sich auf die Suche nach sicheren Beziehungsangeboten machen, also lernen sie im Verlaufe ihres Lebens verschiedene Überlebensstrategien - mithilfe derer sie Zuwendung erhalten. Sind Eltern nicht in der Lage dazu, die Lebendigkeit ihres Kindes auszuhalten - da sie ihrerseits schlechte Erfahrungen gemacht haben und die entsprechenden Tendenzen tief in sich vergraben haben und von ihrem Kind nicht an die schmerzhaften Erlebnisse erinnert werden wollen, lernt das Kind ebenfalls - innere Anteile abzuspalten. 

Zeigt ein Kind beispielsweise mithilfe von Protest, Aggression oder auch gelebter Trauer sein Bedürfnis nach echter Nähe, spüren Eltern oft unbewusst die Gefahr nun mit ihrem eigenen Traumamaterial in Berührung zu kommen und wehren das Kind ab, bestrafen es oder manipulieren. Diese Abwehrmechanismen können sowohl subtil als auch sehr direkt ausgelebt werden und führen letztendlich dazu, dass das Kind sein Inneres nicht zeigen und ausleben darf. Wird dem Kind verboten, das eigene Selbst auszudrücken - führt dies zu immensen Druck und Stress im inneren des Kindes und auf Dauer zu einem überregulierten Nervensystem und psychischen Fehlentwicklungen. Die erste Beziehung eines Menschen prägt also nachhaltig alle darauffolgenden Bindungen, die Nähe zu Menschen wird als Gefahr identifiziert und löst einen immensen Stress aus.

Da die inneren, lebendigen Impulse eines Kindes dennoch ausgelebt werden müssen, findet dieses dann andere Wege um diese auszudrücken. Einige mögliche Überlebensstrategien sind beispielsweise:

  • Aggression gegenüber Geschwistern
  • Zerstörung von Gegenständen
  • selbst verletzendes Verhalten
  • sogenannte "Ticks", Nägelkauen usw.
  • Neigung zur Manipulation

 Neben dem Bedürfnis nach Nähe, zeigt sich im Kind auch der Wunsch nach Autonomie, Abgrenzung und Eigenständigkeit. Denn es bedarf beider Komponenten, um ein gesundes Bindungsverhalten zu entwickeln. Eltern, die Nähe zu ihrem Kind kaum aushalten können - heißen es willkommen, wenn das Kind sich in seine Welt zurückzieht und seine Autonomie als Überlebensstrategie anwendet. Das Kind wird also in seiner ''unechten'' Autonomie bestärkt und häufig als pflegeleicht bezeichnet, es unterdrückt eigene Bedürfnisse und wendet sich ausschließlich der inneren Gedankenwelt zu. Gegensätzlich kann es allerdings auch passieren, dass der Wunsch nach Autonomie im Kind abgelehnt wird, da die Eltern in ihrer Bedürftigkeit jegliche Abgrenzung des Kindes als Gefahr wahrnehmen. 

Da Kinder nicht die nötige Reflexion besitzen, ihre Eltern und deren Verhalten in Frage zu stellen, geben sie sich selbst die Schuld an dem Versagen der Eltern. Um all diese Erfahrungen zu überleben, entwickeln sie die Idee einer "Handlungsmacht" und versuchen sich mithilfe der Illusion von Kontrolle einigermaßen innerlich stabil zu halten. Äußerungen von Menschen, die auf Bindungsstörungen hinweisen, sind häufig:

"Ich bin falsch"

"Meine Bedürfnisse sind falsch"

"Ich weiß nicht wer ich bin"

"Ich kann mich nicht wirklich zeigen"

"Ich kann nicht fühlen, ich komme an meine Gefühle nicht heran"

"Keiner versteht mich"

"Ich fühle mich ganz allein"

Wo es im Leben also um Liebe geht, sitzen die meisten Menschen in der Falle. Liebe ist das Mittel, um zu reifen, zu wachsen und den ganz individuellen Lebenssinn zu erfahren und das eigene Selbst zu verwirklichen. Der frühere Liebesmangel führt uns jedoch auf andere Wege, wir verstellen uns, verleugnen eigene Bedürfnisse, strengen uns an um uns endlich Liebe zu verdienen. Wer glaubt, die verlorene Mutter/Vater Liebe in einer Partnerschaft, Sexualität und durch noch mehr Dienen oder Leisten doch noch erhalten zu können, betrügt sich letztendlich um wahre Liebe. 

In einem weiteren Blogeintrag werde ich die verschiedenen Bindungstypen und Überlebensstrategien aufführen, das eigene Verhalten innerhalb von Beziehungen ehrlich zu reflektieren benötigt Mut aber auch den Zugang zur eigenen Schattenwelt. Erkenntnis ist immer der erste Schritt in Richtung Heilung, denn Liebe ist das Grundbedürfnis eines jeden Menschen und darf in seiner Vollkommenheit gelebt werden. 

"Wahre Liebe jedoch ist wie ein seelisch-emotionales Fließgleichgewicht von zwei Menschen auf Augenhöhe, es ist wie ein organischer Fortsatz der Seele in die Materie und in die Natur des anderen hinein. Wahre Liebe kann nicht verletzen, weil die Wahrheit - das Sehen und Erkennen - schon eingeschleust ist" (Tanja Braid, Neoterisches Bewusstsein)


Buchempfehlungen:

  • Gopal Norbert Klein: Der Vagusschlüssel
  • Hans Joachim Maaz:
  • Die Liebesfalle - Spielregeln für eine neue Beziehungskultur
  • Der Lilithkomplex - die dunklen Seiten der Mütterlichkeit
  • Das falsche Leben




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