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Veröffentlicht am März 3, 2022 von Franziska Kral

Autoritätsgehorsam vs. Selbstverantwortung

Wodurch entsteht Autoritätsgehorsam?

Und wie können wir uns davon befreien?


Die volle Verantwortung für unsere Gedanken, Gefühle und Handlungen zu übernehmen – fällt uns häufig schwer. Daher schieben wir diese Verantwortung zu gerne von uns, erfüllen die Erwartungen anderer – halten Regeln ein, die uns nicht entsprechen. Wir handeln entgegen unserer wahren Werten und unserem Bauchgefühl -  allerdings lässt sich diese Tatsache auch zu einfach in unterbewusste Bereiche verschieben. Ablenkungen finden wir schließlich in unterschiedlichsten Unternehmungen, Fernsehen und sozialen Medien. Wir führen lethargisch alte Glaubenssätze aus, haben uns schon längst eine Sicht auf die Wirklichkeit zurecht gelegt und niemand vermag daran zu rütteln.

Autoritäten lernen wir bereits von Geburt an kennen, es beginnt mit den eigenen Eltern, führt zu Lehrpersonen und Politik/ Gesellschaft & Arbeitgebern. Als Kind lernen wir, dass unser Verhalten und Denken bewertet und gegebenenfalls sanktioniert wird. Werte & Überzeugungen übernehmen wir in der Kindheit & Jugend oft aus Angst, abgelehnt oder aus einer Gemeinschaft ausgeschlossen zu werden. Hinter dieser Angst verbirgt sich nicht selten die Todesangst – ein Kind ist schließlich abhängig von seiner Umgebung und erlebt sich aus diesem Grund ohnmächtig & und den äußeren Umständen und Menschen ausgeliefert. Wer also die Anforderungen und Anweisungen von Autoritätspersonen befolgte, konnte sein Überleben sichern und Konflikte vermeiden. Man könnte also sagen, Autoritätsgehorsam sichert uns bereits als Kind die eigene Existenz und gilt als eins der mächtigsten Schutzmechanismen unseres Egos. Außerdem ist die Organisation menschlicher Gesellschaft geradezu dazu prädestiniert, den Gehorsam gegenüber Autoritäten als handlungsleitend zu inszenieren. 

An vorderster Stelle dabei steht der Profit, das Autoritätssystem gilt aus Voraussetzung für hierarchisch konstruierte Gesellschaftssysteme. Als Erwachsene vertrauen wir Menschen in bestimmten Positionen, da ihre Stellung in der Gesellschaft vermeintlich auf besonderes Wissen oder eben besondere Macht schließen lässt. Dabei ist es egal ob Anweisungen von oben gegen unsere moralischen Prinzipien verstoßen – auch wenn es das eigene Leben im ersten Moment vereinfacht, entstehen dadurch einige Probleme. Wir entfernen uns immer weiter von unserer Individualität, verhalten uns mechanisch und angepasst. Wir fürchten uns vor der Freiheit, vor der eigenen Authentizität und vor allem vor dem Leben! 

Bereits Erich Fromm sagte damals: „ Der Mensch ist nicht geschaffen, ein Automat zu sein, und wenn er einer wird, wird die Grundlage geistiger Gesundheit zerstört“

Autoritätssymbole können beispielsweise Kleidung, also der weiße Kittel eines Arztes, die Uniform eines Polizisten, der öffentliche Autoritätsstatus und auch akademische Titel  sein. Allzu oft lassen wir uns von Menschen blenden, die ein gepflegtes Äußeres zur Schau stellen und sich erhaben mittels erlernter Rhetorik ausdrücken vermögen. Wer beispielsweise teure Kleidung trägt, kann sie sich leisten und ist mit großer Wahrscheinlichkeit wohlhabend und besitzt Rang und Status. Die meisten Menschen würden hier wohl einschreiten und erwidern ,,Leichtgläubig? Also ich sicher nicht!“ Allerdings lässt sich dieser häufige Ausspruch durch zahlreiche Studien widerlegen, unterhalb des Blogeintrags werde ich euch entsprechende Literatur auflisten.


Wie können wir uns nun aber davon lösen? 

Der Schlüssel zum Glück liegt wohl in der Erkenntnis, dass sogenannte Autoritäten auch nur Menschen mit unbewussten Glaubenssätzen und individueller Weltwahrnehmung sind. Auch sie folgten einst den Ansprüchen ihrer Umwelt, sind nicht unfehlbar geschweige denn halten sie den Schlüssel der Wahrheit in ihren Händen. Wir müssen lernen genau hinzuschauen, uns nicht durch äußere Erscheinungen beeindrucken zu lassen. Wenn Hans Sigl als Doktor in strahlender Bergkulisse also eine Margarine empfiehlt, lassen wir uns davon wirklich beeindrucken? Denken wir wirklich, ein Anderer könnte uns eigene Entscheidungen abnehmen und wie machtvoll fühlt es sich letztendlich an – ein angepasstes Leben zu führen? 

Stelle dir die Frage, welche Werte und Überzeugungen deine eigenen sind und welche übernommen wurden. Wie wichtig erscheint dir Ehrlichkeit, Loyalität & Vertrauen? 

Welche Werte wurden dir als Kind vermittelt und welche davon fühlen sich für dich heute noch richtig an?

 Indem wir lernen, die volle Verantwortung für unser Leben zu übernehmen – entdecken wir den Mut anzuecken, eigene Ideen umzusetzen – Konflikte neu zu meistern und eine Stärke zu erkennen – die sich mit jeder neuen Erfahrung intensivieren wird. Wir streichen das Wort der Autorität aus unserem Wortschatz und erkennen, dass jeder Mensch – der uns begegnet unser Lehrer ist. Sei es die Kassiererin an der Aldi Kasse, der Obdachlose auf der Straße, Freunde & Familie. 

Zu guter Letzt noch ein weiteres Zitat von Erich Fromm, der sich seinerzeit ausgiebig mit der Psychoanalyse des Faschismus, falschen Autoritäten und Freiheit auseinandersetzte: 

"Die Inhaber der Autorität und jene, die Nutzen daraus ziehen, müssen die Menschen von dieser Fiktion überzeugen und ihr realistisches, das heißt kritisches Denkvermögen einschläfern. Jeder denkende Mensch kennt die Methoden der Propaganda, Methoden, durch die die kritische Urteilskraft zerstört und der Verstand eingelullt wird, bis er sich Klischees unterwirft, die die Menschen verdummen, weil sie sie abhängig machen, und sie der Fähigkeit berauben, ihren Augen und ihrer Urteilskraft zu vertrauen. Diese Funktion, an die sie glauben, macht sie für die Realität blind."

"Liebe ist das Kind der Freiheit, niemals das der Beherrschung." (Erich Fromm, die Kunst des Liebens)


Literaturempfehlungen:

Bickman, Leonard: The social power of a uniform. Journal of Applied Social Psychology (1974), 4(1), 47-61.

Cialdini, Robert: Autorität. In ders.: Die Psychologie des Überzeugens. Bern; Göttingen [u.a.], 2002. Doob, Anthony

Lefkowitz, M., Blake, R. R., & Mouton, J. S.: Status factors in pedestrian violation of traffic signals. The Journal of Abnormal and Social Psychology (1995), 51(3), 704-706.

Erich Fromm: Die Furcht vor der Freiheit







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